Die Anwerbung koreanischer Krankenschwestern, geregelt durch das Anwerbeabkommen zwischen Südkorea und der Bundesrepublik Deutschland, war offiziell eine Entwicklungshilfemaßnahme für Südkorea. Doch wer half hier eigentlich wem? Die asiatischen/koreanischen Pflegefachkräfte leisteten einen Beitrag zur Sicherung und zur Entwicklung der deutschen Gesundheitsversorgung. Das „Korea-Programm“ sollte deshalb eher als umgekehrte Entwicklungshilfe für das deutsche Gesundheitswesen verstanden werden.*
Gespräch und Lesung mit Kook-Nam Cho-Ruwwe, Suza Husse und Werken von Surya Gied
28.April 2022, 18 Uhr. Facebook Event.
in der Ausstellung Surya Gied: Godori – Kampf der Blumen (Dieter-Ruckhaberle-Förderpreis), kuratiert von Suza Husse
GalerieETAGE Museum Reinickendorf
Alt-Hermsdorf 35 | 13467 Berlin
Kook-Nam Cho-Ruwwe kam 1970 als examinierte Krankenschwester nach Deutschland und arbeitete vier Jahrzehnte in verschiedenen Gesundheits- und Pflegeeinrichtungen. Sie ist Mitbegründerin der koreanischen Frauengruppe in Deutschland, die 1978 aus dem Kampf der Koreanerinnen gegen das ungleiche Arbeits- und Aufenthaltsrecht für asiatische Arbeitsmigrantinnen hervorging.
Im Rahmen von „Godori – Kampf der Blumen“ findet am 28. April ein Gespräch mit Kook-Nam Cho-Ruwwe, Kurator*in Suza Husse und den ausgestellten Werken von Surya Gied statt. Darin sprechen wir mit Kook-Nam Cho-Ruwwe über die Geschichte(n) migrantisch feministischer Organisierung und Solidarisierungen in Deutschland und Südkorea. Für eine Diskussion der hochaktuellen Verbindungen zwischen der Krise des Gesundheitssystem und Migrationspolitiken oder zwischen antirassistischen Kämpfen und globalen dekolonialen Ansätzen bildet ihr Nachdenken über die „Entwicklungshilfe“, die migrantische Kultur und Arbeit leisten, einen wundervollen Ausgangspunkt. Inspirationen für das Gespräch bietet deshalb auch ihr Text „Wer sich nicht bewegt, spürt ihre Fesseln nicht“ im Buch „Migrantischer Feminismus in der Frauen:Bewegung in Deutschland (1985-2000)“ (Hrsg. Encarnación Guitiérrez Rodríguez & Pinar Tuzcu, 2021), aus dem wir Passagen lesen werden.
In „Godori – Kampf der Blumen“ verwebt Surya Gied kulturelle und politische Resonanzen der verknüpften Lebenslinien und Migrationsgeschichten ihrer Mutter und ihrer selbst. Verschiedene Spuren historischer und gegenwärtiger Lebensumstände und Kämpfe von koreanischen Arbeitsmigrant*innen in Deutschland und Reisbauer*innen in Südkorea verdichten sich in der Ausstellung zur kollektiven Biografie eines Hauses in Hwaho-Ri, einem kleinen Dorf im Süden der koreanischen Halbinsel. Dabei verschränkt die Künstlerin malerische Techniken mit Oral History, Fotografien, Sound- und Videoarbeiten, Performance und Skulptur, um Räume und Formen für mehrdimensionale Erzählungen herzustellen. Die Ausstellung ist Teil des Dieter-Ruckhaberle-Preises, der vom Künstlerhof Frohnau vergeben wird und den Surya Gied 2021 erhielt. Viele der präsentierten Werke sind im Künstlerhof entstanden, der sich auf dem Gelände der ehemaligen Außenstelle der Karl-Bonhoefer-Nervenklinik befindet. Wie sich im Laufe von Suryas Gieds künslerischer Forschung herausstellte, arbeiteten dort bis in die späten 1980er auch zahlreiche koreanische Krankenpfleger*innen.
Kook-Nam Cho-Ruwwe, geboren 1948 in Kimcheon, Südkorea, setzt sich seit mehr als 40 Jahren aktiv für die politisch-rechtliche, ökonomische und soziale Gleichstellung von Arbeitsmigrantinnen in Deutschland und in Südkorea ein. Kook-Nam Cho-Ruwwe ist Mitbegründerin und Vorstandsvorsitzende von DaMigra e.V.. Ihre Expertise als Zeitzeugin und Aktivistin bringt sie in den verschiedenen politischen Gremien ein. Die Förderung der Vernetzung und Kooperation von Migrantinnenorganisationen sowie der Dialoge zwischen Generationen liegen ihr besonders am Herzen.
Suza Husse arbeitet kollaborativ und trans*disziplinär mit den Schwerpunkten queer*feministische und antirassistische Kulturen des Wissens, politische Imagination und Ästhetiken der Transformation.
* Kook-Nam Cho-Ruwwe, Wer sich nicht bewegt, spürt ihre Fesseln nicht, in: Encarnación Guitiérrez Rodríguez & Pinar Tuzcu: Migrantischer Feminismus in der Frauen:Bewegung in Deutschland (1985-2000), 2021, 120.